Schmid & Kretz

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Freitag, 20.08.2021

Verzinsung von Steuernachforderungen und Steuererstattungen mit jährlich 6% ab 2014 verfassungswidrig


Mit am 18.08.2021 veröffentlichem Beschluss hat das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass die Verzinsung von Steuernachforderungen und Steuererstattungen verfassungswidrig ist, soweit der Zinsberechnung für Verzinungszeiträume ab dem 01. Januar 2014 ein Zinssatz von monatlich 0,5% zugrunde gelegt wird.

Die Zinsregelung betrifft Einkommen-, Körperschaft-, Vermögen-, Umsatz- oder Gewerbesteuer und gilt sowohl für Steuernachzahlungen als auch Steuererstattungen. Nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts stellt die Verzinsung von Steuernachforderungen mit einem Zinssatz von monatlich 0,5% nach Ablauf einer zinsfreien Karenzzeit von grundsätzlich 15 Monaten eine Ungleichbehandlung von Steuerschuldnern, deren Steuer bereits innerhalb der Karenzzeit endgültig festgesetzt wird, dar. Diese Ungleichbehandlung erweist sich für in die Jahre 2010 bis 2013 fallende Verzinsungszeiträume noch als verfassungsgemäß, für iin das Jahr 2014 fallende Verzinzungszeiträume dagegen als verfassungswidrig (Art. 3 Abs. 1 GG).

Bei Einführung des Zinssatzes von monatlich 0,5% habe dieser noch etwa den maßstabsrelevanten Verhältnissen am Geld- und Kapitalmarkt entsprochen. Nach Ausbruch der Finanzkrise im Jahr 2008 habe sich jedoch ein strukturelles Niedrigzinsniveau entwickelt, das nicht mehr Ausdruck üblicher Zinsschwankungen sei. Spätestens seit dem Jahr 2014 erweise sich der Zinssatz als realitätsfern, so das Bundesverfassungsgericht. Der Gesetzgeber sei verpflichtet, bis zum 31. Juli 2022 eine verfassungsmäßige Neuregelung zu treffen.



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